Digitale Exzellenz
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KI – trainiert für Olympia

, 29. Juli 2024

Fotocredit: Getty Images

Lesezeit: 6 Minuten

KI – trainiert für Olympia

Der Sportsommer 2024 biegt mit den Olympischen Spielen in Paris auf die Zielgerade ein. Zuvor reihte sich mit der Euro 2024, Wimbledon und der Tour de France ein Sport-Event an das andere. Mittlerweile immer mit dabei: Künstliche Intelligenz. Unsere Fundstück-Redaktion kam gar nicht hinterher mit dem Sichten von Beispielen für KI im Sport. Hier eine kleine, aber feine Auswahl.

Sportergebnisse in Echtzeit zu erhalten, sind wir gewohnt – dafür brauchen wir keine KI, Teletext reicht. Personalisierte Berichte in mehreren Sprachen und zeitgleiche Übertragungen sind schon eher eine Aufgabe für Künstliche Intelligenz, speziell GenAI.

Die Technologie kommt im Sport mit unterschiedlichen Absichten zum Einsatz: um das Training zu optimieren, Zahlenfreaks mit Statistiken zu versorgen, Randsportarten besser zu vermarkten und damit Inklusion im Sport zu fördern, um die Sicherheit bei Veranstaltungen zu steigern oder bei Top-Events logistisch zu unterstützen.

Die “AI”lympics sind eröffnet

Bei den Olympischen Sommerspielen in Paris wird wahrscheinlich kaum eine der 32 Sportarten ohne Tech-Unterstützung betrieben. Sie dient zum Großteil der Analyse und Optimierung. Oder einer objektiveren Bewertung wie das KI-System Judging Support System (JSS), das bei den Turn-Weltmeisterschaften 2023 in Antwerpen eingeführt wurde, um Fairness und Transparenz zu fördern (gefunden bei T3N). Dieser Turn-VAR (entsprechend dem Video Assistant Referee im Fußball) analysiert Übungen mittels hochauflösender Kameras und gleicht Bewegungen mit einem standardisierten Punktesystem ab. Ziel ist es, die Kampfrichter zu unterstützen, insbesondere bei strittigen Entscheidungen, und subjektive Einflüsse zu reduzieren. Kritiker befürchten jedoch, dass dies die künstlerische Komponente des Sports beeinträchtigen könnte. Ob JSS bei Olympia eingesetzt wird, war bei Redaktionsschluss noch unklar.

Darüber hinaus soll KI bei den Spielen unterstützen, das Großereignis mit erwarteten 15 Millionen Zuschauern zu sichern. Algorithmen sollen unter anderem helfen, „verdächtiges Verhalten“ früh zu erkennen. Die Olympischen Spiele sind somit nicht nur für die Sportlerinnen und Sportler ein wichtiger Termin, sondern auch für die KI-Industrie. Der Bahn-Anbieter SCNF bekommt beispielsweise Unterstützung, dass die rund zwei Millionen internationalen Besucherinnen und Besucher das richtige Verkehrsmittel zu ihren Wunschwettkämpfen finden und erreichen. Wer ohne Französischkenntnisse anreist, wird per App in der gewünschten Sprache von 130 verfügbaren informiert und navigiert.

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EM2024 – Analytics für Datenjunkies und Taktikfüchse

Die Fußball-Europameisterschaft der Männer war ebenfalls ein stark KI-unterstütztes Event. Big Data Analytics gibt es im Fußball bereits seit rund einer Dekade, beispielsweise für das Scouting von passenden Spielerinnen und Spielern. Mit den nun verfügbaren KI-Lösungen können Datenanalysten im Dienst von Clubs und Verbänden noch schneller und noch mehr Erkenntnisse aus den Daten gewinnen. Bei der EM 2024 wurde von dieser Tech-Power reichlich Gebrauch gemacht: von Abseits-Analytics bis zum Ball-EKG. Wie sehr KI mittlerweile Einzug in den Fußball gehalten hat, zeigt die EM-Folge des Podcasts „KI verstehen“ – hier zum Nachhören:

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Theoretisch und perspektivisch können Trainerinnen und Trainer noch während des Spiels durch KI-gestützte Datenanalysen Spieltaktiken oder Aufstellungen anpassen und so beispielsweise auf Muster in den Spielformationen oder auffällige Spielzüge des Gegners reagieren. Die DFB-Nationalmannschaft nutzt zudem ein Ballflugradar, um die Schusstechnik bei Freistößen oder Eckbällen zu optimieren und neue Standardvarianten zu testen. Rückblickend auf die EM muss man allerdings konstatieren: Das KI-unterstützte Sommermärchen ist sportlich ausgeblieben.

First Serve AI: generative KI als Tennis-Content-Maschine in Wimbledon

Analytische KI gibt es auch beim Tennis. Das zeigt unter anderem diese Reportage von Ex-Profi Andrea Petković. Wer aber in diesem Jahr das Tennisturnier von Wimbledon über die App oder die Website verfolgt hat, wurde zusätzlich mit Echtzeit-Content überhäuft, inklusive animierter Ballwechsel und Analysen. GenAI ermöglicht bereits heute automatisierte Ticker, Übertragungen und Analysen sowie Spielerfeatures. Außerdem werden weitere Wettbewerbe innerhalb eines Turniers sichtbar. Sportlerinnen und Sportler, die sonst aus Ressourcengründen unberücksichtigt bleiben, bekommen so mehr Aufmerksamkeit. In Wimbledon kamen beispielsweise auch Fans von Rollstuhltennis und Juniorkonkurrenzen auf ihre Kosten.

Daten und Animationen bringen den Fans das Turnier jedes Jahr ein Stück näher. Wer kein passendes TV-Abo hat, kann bei Wettkämpfen auch per App mitfiebern. Durch die Einbindung von Events in das Metaverse sowie über Augmented-Reality-Brillen wie die Apple Vision Pro und die Quest 3 von Meta in Verbindung mit 5G– oder bald 6G-Netzqualität werden Events für noch mehr Menschen live erlebbar.


KI @ Sopra Steria


Mit Datenanalyse gegen Massenstürze im Radsport

Künstliche Intelligenz spielte auch bei der Tour de France 2024 eine Rolle. Die Technologien ermöglichen detaillierte Analysen der Fahrerdaten und der Renndynamik in Echtzeit, was sowohl für die Teams als auch für die Fans von großem Interesse ist. GenAI wird verwendet, um Prognosemodelle zu entwickeln, die beispielsweise Rückschlüsse auf einen möglichen Ausgang von Etappen und Gesamtwertungen erlauben. Der Tour-Veranstalter nutzt diese Innovationen, um den Zuschauern ein tieferes und interaktiveres Erlebnis zu bieten.

Durch die Analyse von Streckendaten könnten künftig auch potenziell gefährliche Abschnitte der Tour de France identifiziert und entsprechend gesichert werden. Die in Fahrzeuge eingebaute Technologie ermöglicht es zudem, Massenstürze zu vermeiden, indem Wetter- und Straßenverhältnisse sowie das Verhalten der Zuschauermassen kontinuierlich überwacht und vorhergesagt werden. Teams können so im Vorfeld besser vorbereitet werden, indem sie gezielte Briefings über Risikobereiche erhalten. Details dazu liefert dieser Online-Artikel.

Sport und Tech wachsen zusammen

Unser Fazit: KI wird den Sport dann besser machen, wenn der Kern des Sports erhalten bleibt: Spiel, Spaß, Spannung und Begegnung. Es gibt allerdings auch Überlegungen, dass die KI vom Sport lernen kann. Zum Beispiel auf dem Gebiet der Spezialisierung: Die Bots von heute sind Allrounder, die Trainingsdaten meist allgemeines Weltwissen. Deshalb sind die Ergebnisse den Nutzerinnen und Nutzern häufig zu oberflächlich.

Hier könnte der Sport ein Vorbild sein. Abgesehen von den Mehrkämpfern fokussiert sich die Mehrheit der Olympioniken auf eine Disziplin. Topwasserballerinnen werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Rückenschwimmen antreten. Künftige KI-Ökosysteme könnten somit nicht nur aus Siebenkämpferinnen und Zehnkämpfern, sondern auch aus Expertenlösungen bestehen, die, mit speziellen Trainingsdaten gefüttert, noch spezifischere Ergebnisse für einzelne Branchen oder Zielgruppen liefern. Tendenzen in diese Richtung gibt es.